Herbstlich fallen die Blätter von Odins Eiche und der Krone gesplitterte Äste treten ans Licht. Düster gemahnt's: Hier stehn wir im Schattenreiche, hier, wo Efeu den Opferstein grünend umflicht. Schwere Wolken hängen vom Himmel nieder, durch die Zweige flüstert der Wind von Norden. Also umrauschte er einst die heidnischen Lieder, als sie zum Opfer kamen, die längst zu Staub geworden. Seht ihr im Geist des Druiden weiße Gestalt an den Stamm gelehnt, den Blick ins Gezweig versenkt, harrend, dass aus dem Weben der Blätter Gewalt werde und Kraft von dem, der das Schicksal lenkt? Rings im Kreise stehn schweigend die Germanen, lauschend, ob ein Achtwort von strafender Lippe ertönt. "Odin will Krieg!" Da bricht der Gesang der Ahnen brausend hervor, dass es im Wald wieder tönt: "Odin will Krieg!"
Aus deutschen Gauen
by Joseph (Gabriel) Rheinberger (1839 - 1901)
1. Odins Eiche  [sung text checked 1 time]
Authorship:
- by Fanny (Franziska) von Hoffnaaß, née Jägerhuber (1831 - 1892)
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Researcher for this page: Johann Winkler2. Cantate  [sung text not yet checked]
Die Primeln und die Veilchen blühn, es rauscht in tollen Sprüngen das Bächlein durch das junge Grün und frohe Vöglein singen, umblickt vom Frühlingssonnenschein in hellen Jubelmelodein: Cantate! cantate! Das ist die schönste Zeit im Jahr, die Blütenzeit der Lieder, drum klingt von Stimmen hell und klar auch Erd' und Himmel wider, und mahnend klingt's an jedes Ohr: Auf, mischt euch in den frohen Chor! Cantate! cantate!
Authorship:
- by Julius Karl Reinhold Sturm (1816 - 1896), "Cantate!", appears in Für das Haus. Liedergabe, first published 1862
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Confirmed with Julius Sturm, Für das Haus, Leipzig, F. A. Brockhaus, 1862, page 18.
Researcher for this page: Melanie Trumbull
3. Waldnacht  [sung text not yet checked]
Frühmorgens, wenn die Hähne kräh'n, Eh' noch der Wachtel Ruf erschallt, Eh' wärmer all' die Lüfte weh'n, Vom Jagdhornruf das Echo hallt, Dann gehet leise nach seiner Weise Der liebe Herrgott durch den Wald. Die Quelle, die ihn kommen hört Hält ihr Gemurmel auf sogleich, Auf daß sie nicht in Andacht stört, So Groß als Klein im Waldbereich, Die Bäume denken: „Nun laßt uns senken Vorm lieben Herrgott das Gezweig!“ Die Blümlein, wenn sie aufgewacht, Sie ahnen auch den Herrn alsbald Und schütteln rasch den Schlaf der Nacht Sich aus den Augen mit [Gewalt Und]1 flüstern leise ringsum im Kreise: „Der liebe Gott geht durch den Wald.“
Authorship:
- by Leberecht Blücher Dreves (1816 - 1870), "Waldandacht", written 1836
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Emily Ezust) , copyright © 2020
Confirmed with Gedichte von Lebrecht Dreves. Herausgegeben von Joseph Freiherrn von Eichendorff, Berlin, Verlag von Alexander Dunder, 1849, pages 15-16.
1 Abt: "Gewalt./ Sie"Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
4. Dornröschen  [sung text checked 1 time]
Im Garten blüht zum ersten Mal nach hundert Jahren die Rose. Und leuchtend wiegt sich der Sonnenstrahl auf ihrem duftenden Schoße. Doch schöner als die Rose blüht Dornröschen vom Traum umfangen, des Mägdleins keusche Seele glüht in heimlichem Sehnen und Bangen. Da neigen sich schwellende Lippen schon wie Bienen zum blühenden Munde. Glück auf, du junger Königssohn, du küssest zur guten Stunde! Dornröschen regt sich leis, es schießt wie Feuer ihm durch die Glieder, sie schlägt die Augen auf, und schließt in süßer Scham sie wieder, lebendig wird's im stillen Schloss, es regt sich im Garten und Hofe, die Meute bellt, es wiehert das Ross, es dehnen sich Zwerg und Zofe. Der alte König erwacht, es lauscht die Königin süß erschrocken. Die Nachtigall schlägt, die Myrte rauscht, zur Hochzeit läuten die Glocken.
Authorship:
- by Julius Karl Reinhold Sturm (1816 - 1896)
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Researcher for this page: Johann Winkler5. Sternennacht  [sung text checked 1 time]
Heilig ernste Sternennacht, schweigende, wundersame Pracht. Sei gegrüßt, du hehre. Sehnende Seele schwebt empor, strebet hinauf zum Geisterchor, frei der irdschen Schwere. Kündet mit der Himmelsschar, kündet in Tönen süß und klar ihres Schöpfers Ehre. Horch! Der Wind vom Berge weht, flüsterndes Bächlein talwärts geht. Leise rauscht's im Walde; und wie im Traume alles ruft, knisterndes Laub und Harzesduft: "Gott, der ewig Alte!" Er ist's, der die Wache hält, dass nicht ein Sternlein erdwärts fällt, treue Ordnung walte. Doch der Blick sucht einen Stern, seinen Polar, so klar, so fern, fest an gleicher Stelle, ist er nicht der Treue Bild, ringender Schiffer Trost und Schild, klärend Sturm und Welle? Treues Licht, du zogst voraus, Stätte zu wahren im Vaterhaus, Hoffnungsstern, wie helle!
Authorship:
- by Fanny (Franziska) von Hoffnaaß, née Jägerhuber (1831 - 1892)
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Researcher for this page: Johann Winkler6. Es hat geflammt  [sung text not yet checked]
Es hat geflammt die ganze Nacht Am hohen Himmelsbogen, Wie eines Feuerspieles Pracht Hat es die Luft durchflogen. Und nieder sank es tief und schwer Mit ahnungsvoller Schwüle, Ein dumpfes Rollen zog daher Und sprach von ferner Kühle. Da fielen Tropfen warm und mild, Wie lang erstickte Tränen; Die Erde trank, doch ungestillt Blieb noch ihr heißes Sehnen. Und sieh, der Morgen steigt empor -- Welch Wunder ist geschehen? In ihrem vollen Blütenflor Seh ich die Erde stehen. O Wunder, wer hat das vollbracht? Der Knospen spröde Hülle Wer brach sie auf in einer Nacht Zu solcher Liebesfülle? O still, o still, und merket doch Der Blüten scheues Bangen! Ein roter Schauer zittert noch Um ihre frischen Wangen. O still, und fragt den Bräutigam, Den Lenz, den kühnen Freier, Der diese Nacht zur Erde kam, Nach ihrer Hochzeitfeier.
Authorship:
- by Wilhelm Müller (1794 - 1827), "Die Brautnacht", appears in Lyrische Reisen und epigrammatische Spaziergänge, in Frühlingskranz
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]7. Der große Wind zu Weißenberg  [sung text checked 1 time]
Zu Weißenberg, welch großer Wind! "Ach, helft doch!", heulten Weib und Kind, "bevor der jüngste Tag uns naht; weiß denn vom Rat nicht einer Rat?" "Den weiß ich!", sprach der Bürgermeister. "Wir ziehn vors Tor mit Weib und Kind und blasen dort mit Kraft den Wind aus unsrer werten Stadt hinaus, sonst bringt er uns um Hof und Haus." "Das rat ich!", sprach der Bürgermeister. Der Wind, der Wind, der weht so graus! Sie laufen vor das Tor hinaus und nur der Pfarrer zog nicht mit, obschon er nicht am Husten litt. "Den kenn ich!", sprach der Bürgermeister. Sie schonten ihre Lungen nicht und wurden braunrot im Gesicht; sie bliesen hoch die Backen auf und weithin tönte das Geschnauf. "Nur kräftig!", sprach der Bürgermeister. Sie bliesen wohl den halben Tag, da ließ der Wind ein wenig nach; dann gab's ein lindes Säuseln bloß und brüllend brach der Jubel los. "Das wusst ich!", sprach der Bürgermeister. So blieb die Stadt von Schaden frei; doch plötzlich, welch ein Hohngeschrei! Stolz nach dem Pfarrhof wiesen sie und ihre Weisheit priesen sie. "Das freut mich!", sprach der Bürgermeister. Den Pfarrer traf das Ungemach, zwei Ziegel riss der Wind vom Dach. So geht's, wenn man will klüger sein als eine ganze Stadtgemein. "Das merkt euch!", sprach der Bürgermeister.
Authorship:
- by Julius Karl Reinhold Sturm (1816 - 1896)
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