Groß ist der Herr! Die Himmel ohne Zahl Sind seine Wohnungen, Sein [Wagen sind die donnernden]1 Gewölk', Und Blitze sein Gespann. Die Morgenröth' ist nur ein Wiederschein [Von seines Kleides Saum]2; Und gegen seinen Glanz ist [alles Licht Der Sonne, Demmerung]3. Er sieht mit gnädgem Blick [von seiner Höh Zur Erd herab; sie]4 lacht. Er schilt; es fähret Feur von Felsen auf, [Des Erdballs Axe bebt]5. Lobt den gewaltigen, den gnädgen Herrn, Ihr Lichter seiner Burg, Ihr Sonnenheere! flammt zu seinem Ruhm! Ihr Erden singt sein Lob! Erhebet ihn ihr Meere! braust sein Lob! Ihr Flüsse rauschet es! Es neige sich der Zedern hohes Haupt, Und jeder Wald [vor]6 ihm! Ihr Löwen brüllt zu seiner Ehr im Hain! Singt ihm, ihr Vögel! singt! Seyd sein Altar, ihr Felsen, die er traf, [Eur]7 Dampf sey Weihrauch ihm! Der Wiederhall lob ihn! und die Natur Sing ihm ein froh Concert! Und du, der Erden Herr, o Mensch, zerfließ In Harmonien ganz! Dich hat er, mehr als alles sonst, beglückt. Er gab dir einen Geist, Der durch den Bau des Ganzen dringt, und kennt Die Räder der Natur. Erheb ihn hoch, zu deiner Seeligkeit! Er braucht kein Lob zum Glück. Die niedern Neigungen und Laster fliehn, Wenn du zu ihm dich schwingst. Die Sonne steige nie aus rother Flut, Und sinke nie darein, Daß du nicht deine Stimm vereinigst, mit Der Stimme der Natur. Lob ihn im Regen und in dürrer Zeit, Im Sonnenschein und Sturm! Wenns schneyt, wenn Frost aus Wasser Brücken baut, Und wenn die Erde grünt. In Ueberschwemmungen, in Krieg und Pest Trau ihm, und sing ihm Lob! Er sorgt für dich; denn er erschuf zum Glück Das menschliche Geschlecht. Und o wie liebreich sorgt er auch für mich! [Er gab, statt Golds und Ruhms,]8 Vermögen mir, die Wahrheit einzusehn, Und Freund' und Saitenspiel. Erhalte mir, o Herr! was du [verliehst]9; Mehr brauch ich nicht zum Glück. Durch heilgen Schaur will ich, ohnmächtig sonst, Dich preisen ewiglich! In finstern Wäldern will ich mich allein Mit dir beschäftigen, Und seufzen laut, und nach dem Himmel sehn, Der durch die Zweige blickt. Und irren ans Gestad des Meers, und dich In jeder Woge sehn, Und hören dich im Sturm, bewundern in Der Au Tapeten dich. Ich will entzückt auf Felsen klimmen, durch Zerrißne Wolken sehn, Und suchen dich den Tag, bis mich die Nacht In heilge Träume wiegt.
Confirmed with Herrn Christian Ewald von Kleist sämtliche Werke. Erster Theil. Berlin, bey Christian Friedrich Voß 1760, pages 7-11; and with Gotthold Ephraim Lessing: Briefe die Neueste Litteratur betreffend. IIter Theil. Berlin 1759. Bey Friedrich Nicolai. Vierzigster Brief, XX. Den 17. May 1759, pages 314-317.
Note: This is Kleist's poem initially published and edited by Karl Wilhelm Ramler. In 1803 Wilhelm Körte published Kleist's works again in their original version, recovered from his manuscripts (see below).
1 Kleist (Lessing 1759 edition): "Wagen, Sturm und donnernde"2 Kleist (Lessing 1759 edition): "Vom Saume seines Kleids"
3 Kleist (Lessing 1759 edition): "Demmerung / Der Sonne flammend Licht"
4 Kleist (Lessing 1759 edition): "zur Erd herab; / Sie grünet, blüht und"
5 Kleist (Lessing 1759 edition): "Und Meer und Himmel klagt"
6 Kleist (Lessing 1759 edition): "für"
7 Kleist (1759 and 1760 edition), misprint: "Für"
8 Kleist (Lessing 1759 edition): "Statt Golds und Ruhms, giebt er"
9 Kleist (Lessing 1759 edition): "verleihst"
Authorship:
- by Ewald Christian von Kleist (1715 - 1759), "Hymne", written 1758, first published 1759 [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
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Set in a modified version by Wilhelm Reinhard Berger, Carl Loewe, Franz Peter Schubert, Johann Abraham Peter Schulz.
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