by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)
Der Gefangene
Language: German (Deutsch)
I Meine Hand hat nur noch eine Gebärde, mit der sie verscheucht; auf die alten Steine fällt es aus Felsen feucht. Ich höre nur dieses Klopfen und mein Herz hält Schritt mit dem Gehen der Tropfen und vergeht damit. Tropften sie doch schneller, käme doch wieder ein Tier. Irgendwo war es heller —. Aber was wissen wir. II Denk dir, das was jetzt Himmel ist und Wind, Luft deinem Mund und deinem Auge Helle, das würde Stein bis um die kleine Stelle an der dein Herz und deine Hände sind. Und was jetzt in dir morgen heißt und: dann und: späterhin und nächstes Jahr und weiter — das würde wund in dir und voller Eiter und schwäre nur und bräche nicht mehr an. Und das was war, das wäre irre und raste in dir herum, den lieben Mund der niemals lachte, schäumend von Gelächter. Und das was Gott war, wäre nur dein Wächter und stopfte boshaft in das letzte Loch ein schmutziges Auge. Und du lebtest doch.
Confirmed with Rainer Maria Rilke, Neue Gedichte, Leipzig : Insel-Verlag, 1907, p. 35
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Der Gefangene", appears in Neue Gedichte [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Bernd Hänschke (b. 1948), "Der Gefangene" [ voice and piano ], from Zwei Lieder nach Gedichten von Rilke, no. 1 [sung text not yet checked]
- by Casimir von Pászthory (1886 - 1966), "Der Gefangene" [ voice and piano ], from Sieben Lieder nach Gedichte von Rainer Maria Rilke, no. 6 [sung text not yet checked]
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Joost van der Linden [Guest Editor]
This text was added to the website: 2023-08-28
Line count: 28
Word count: 167