by Gottfried Keller (1819 - 1890)
Herbstlied
Language: German (Deutsch)
Available translation(s): CAT
Lasst uns auf alle Berge gehen, Wo jetzt der Wein zu Tale fliesst, Und überall am nächsten stehen, Wo sich der Freude Quell ergiesst, Uns tief in allen Augen spiegeln, Die durch das Rebenland erglühn! Lasst uns das letzte Lied entriegeln, Wo noch zwei rote Lippen blühn! Seht, wie des Mondes Antlitz glühend Im Rosenscheine aufersteht, Indes die Sonne, freudesprühend, Den Leib im Westmeer baden geht! Wie auf der Jungfrau'n einer Wange Der Widerschein des Mondes ruht, Dieweil erhöht vom Niedergange, Erglänzt der andern Purpurblut. O küsset schnell die Himmelszeichen, Eh' sich verdunkelt die Natur! Mag dann der Abglanz auch erbleichen, Im Herzen loht die schönre Spur! Mag sich, wer zu dem süssen Leben Der Lieb' im Lenz das Wort nicht fand, Der holden Torheit nun ergeben, Den Brausebecher in der Hand! Wohl wird man edler durch das Leiden, Und strenger durch erlebte Qual; Doch hoch erglühn in guten Freuden, Das adelt Seel' und Leib zumal. Und liebt der Himmel seine Kinder, Wo Tränen er durch Leid erpresst, So liebt er jene drum nicht minder, Die er vor Freude weinen lässt. Und sehnen blasse Gramgenossen Sich nach dem Grab in ihrer Not, Wem hell des Lebens Born geflossen, Der scheut noch weniger den Tod! Taucht euch ins Bad der Lust, ins klare, Das euch die kurze Stunde gönnt, Dass auch für alles heilig Wahre Ihr jede Stunde sterben könnt!
Authorship:
- by Gottfried Keller (1819 - 1890) [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Wilhelm Baumgartner (1820 - 1867), "Herbstlied", op. 22 (Drei Lieder) no. 2 (1859) [ voice and piano ] [sung text not yet checked]
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , "Cançó de tardor ", copyright © 2015, (re)printed on this website with kind permission
Researcher for this page: Ferdinando Albeggiani
This text was added to the website: 2008-04-26
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