by Heinrich (Hans) Wilhelm von Gerstenberg (1737 - 1823)
Der Traum
Language: German (Deutsch)
Ich sah ein Mädchen ohne Mängel; es war ein Mädchen wie ein Engel, so eines hab' ich nie erblickt! Du magst mir alle Mädchen nennen, du magst, du magst für alle brennen: So hat dich kein's, wie mich, entzückt! Sie war bescheiden, doch nicht blöde, voll strenger Tugend, doch nicht spröde, war witzig ohne Spötterei, vernünftig, warmes Blut im Herzen, ernst, doch nicht abhold klugen Scherzen, fromm, aber ohne Gleisnerei, sprach viel, nicht stets, nicht zu belehren, sang - Plaud'rer schwiegen, sie zu hören, nahm Lob an mit Bescheidenheit. Ein Blick, der sanften Feuers glühte, ein Antlitz, das wie Rosen blühte, ein Leib rundum voll Lieblichkeit. "O Freund, das Mädchen muss ich küssen! Lass mich des Mädchens Namen wissen! Schon ist es um mein Herz gescheh'n! Wo soll ich nach dem Mädchen fragen?" Ach Freund, das kann ich dir nicht sagen: Im Traume nur hab' ich's geseh'n.
Confirmed with Gerstenbergs vermischte Schriften, zweiter Band, ed. by the Author, Altona: J. F. Hammerich, 1815. Appears in Poetisches Wädlchen.
Authorship:
- by Heinrich (Hans) Wilhelm von Gerstenberg (1737 - 1823), "Der Traum", subtitle: "Nach einem Ungenannten", appears in Poetisches Wäldchen [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Daniel Friedrich Rudolph Kuhlau (1786 - 1832), "Der Traum", op. 21 no. 1 (1820?), from Drey Gedichte aus Gerstenbergs poetischem Wäldchen, no. 1 [sung text checked 1 time]
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This text was added to the website: 2020-03-26
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