by Stefan Zweig (1881 - 1942)
Die frühen Kränze
Language: German (Deutsch)
I Oft bange ich, vom Tal der Heiterkeit Biege mein Weg zu Stille schon und Schweigen, Denn leiser wandelt meiner Stunden Reigen, Wie Menschen gehn vor naher Müdigkeit. So war, was ich, ein Kind, ein Träumer nahm Das Leben schon? Und waren die verfrühten Geschicke, die ich griff, schon reife Blüten, Mit denen meine Jugend zu mir kam? Doch Fragen sind dies, die ich klaglos spreche, Denn keiner weiß es ganz, was er erlebt, Da er noch Strom ist und geschnellte Schwinge, Und erst, wenn alle Unrast fern verbebt, Malen sich bildhaft auf der stillen Fläche Die späten Träume der erlebten Dinge. II Doch diesen Glanz verlangt es mich, zu halten, Zu fassen das, was kaum Erlebnis war, Der Ferne Gruß, der Frauen mattes Haar, Den lieben Schritt enteilender Gestalten, Und solche Bilder, ehe sie verschatten, In heißen Worten formend zu erneuern, Daß sie, geläutert von den späten Feuern Ein Glühen geben, das sie einst nicht hatten. So wird, was schon verging, mir neu zu eigen Und reicher nun. Gefangen im Gedicht Runden die Stunden längst schon welker Lenze Sich lächelnd wieder in den Lebensreigen, Und ein – fast träumendes – Besinnen flicht Die bunten Farben in die frühen Kränze.
Confirmed with Stefan Zweig, Die frühen Kränze, Leipzig: Insel-Verlag, 1917
Authorship:
- by Stefan Zweig (1881 - 1942), "Die frühen Kränze", subtitle: "Oh, come grato ocorre Nel tempo giovanil, quando ancor lungo La speme e breve ha la memoria il corso, Il rimembrar delle passate cose! Leopardi", appears in Die frühen Kränze [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Johannes Röntgen (1898 - 1969), "Die frühen Kränze", 1935 [ voice, violin and flute ] [sung text not yet checked]
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
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