by Walter Calé (1881 - 1904)
Opfer
Language: German (Deutsch)
Durch weiße Tempelhallen wandelst du gemeßnen Schritts : es fließen die Gewänder in strengem Wurf dem Marmorboden zu, das Gold verachtend und den Schmuck der Bänder. Zum Heiligtume trittſt du ernst und mild ; dreimal beugst du dein stolzes Knie dem Gotte; dreimal füßt du sein kaltes, hohes Bild, ein Schleier birgt es vor dem Blick der Rotte. Das ew'ge Feuer glüht: mit stiller Gier zehrt es am Öle und Olivenſtamme; du nahst und wirfst ein Lockenhaar von mir, dem Todgeweihten, in des Gottes Flamme. ---------------------- Aus heißen Schmerzen wird das Lied geboren, ich hut' es treu ; und wenn die Stunde naht, verhüllt es sich, und traumverloren geht es zu suchen aus auf stillem Pfad. Die andern weichen scheu von allen Wegen, wo sich sein trånenfeuchter Schleier zeigt; doch du trittst freudig ihm entgegen, und dir enthüllt es sich und weint und schweigt.
Confirmed with Walter Calé, Nachgelassene schriften von Walter Calé, S. Fischer, 1914, p.44
Authorship:
- by Walter Calé (1881 - 1904), "Opfer" [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Karl Weigl (1881 - 1949), "Opfer", 1912 [ voice and piano ] [sung text not yet checked]
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
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