Nun laßt uns gehn und treten Mit Singen und mit Beten Zum Herrn, der unserm Leben Bis hierher Kraft gegeben. Wir gehn dahin und wandern Von einem Jahr zum andern, Wir leben und gedeihen Vom alten zu dem neuen. Durch so viel Angst und Plagen, Durch Zittern und durch Zagen, Durch Krieg und große Schrecken, Die alle Welt bedecken. Denn wie von treuen Müttern In schweren Ungewittern Die Kindlein hier auf Erden Mit Fleiss bewahret werden: Also auch und nicht minder Läßt Gott sich seine Kinder, Wenn Not und Trübsal blitzen, In seinem Schosse sitzen. Ach Hüter unsers Lebens, Fürwahr, es ist vergebens Mit unserm Tun und Machen, Wo nicht dein' Augen wachen. Laß ferner dich erbitten, O Vater, und bleib mitten In unserm Kreuz und Leiden Ein Brunnen unsrer Freuden. Gib mir und allen denen, Die sich von Herzen sehnen Nach dir und deiner Hulde, Ein Herz, das sich gedulde! Sei der Verlassnen Vater, Der Irrenden Berater, Der Unversorgten Gabe, Der Armen Gut und Habe! Hilf gnädig allen Kranken, Gib fröhliche Gedanken Den hochbetrübten Seelen, Die sich mit Schwermut quälen! Und endlich, was das meiste, Füll uns mit deinem Geiste, Der uns hier herrlich ziere Und dort zum Himmel führe! Das alles woll'st du geben, O meines Lebens Leben, Mir und der Christenschare Zum sel'gen neuen Jahre!
Liederbuch nach Gedichten von Paul Gerhardt
Song Cycle by Ernst Pepping (1901 - 1981)
1. Zum neuen Jahr  [sung text not yet checked]
Authorship:
- by Paul Gerhardt (1606 - 1676), "Nun laßt uns gehn und treten"
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]2. Nicht so traurig  [sung text not yet checked]
Nicht so traurig, nicht so sehr, Meine Seele, sei betrübt, Daß dir Gott Glück, Gut und Ehr Nicht so viel wie andern gibt. Nimm verlieb mit deinem Gott. Hast du Gott, so hat's nicht Not. Du noch einzig Menschenkind Habt ein Recht in dieser Welt; Alle, die geschaffen sind, Sind nur Gäst im fremden Zelt. Gott ist Herr in seinem Haus, Wie Er will, so teilt Er aus. Bist du doch darum nicht hier, Daß du Erden haben sollt, Schau den Himmel über dir, Da, da ist dein edles Gold, Da ist Ehre, da ist Freud, Freud ohn End, Ehr ohne Neid. Der ist alber, der sich kränkt Um ein Hand voll Eitelkeit, Wann ihm Gott dargegen schenkt Schätze der beständgen Zeit Bleibt der Zentner dein Gewinn, Fahr der Heller immer hin! Schaue alle Güter an, Die dein Herz für Güter hält, Keines mit dir gehen kann, Wann du gehest aus der Welt; Alles bleibet hinter dir, Wann du trittst in's Grabes Tür. Aber was die Seele nährt, Gottes Huld und Christi Blut, Wird von keiner Zeit verzehrt, Ist und bleibet allzeit gut; Erdengut zerfällt und bricht, Seelengut, das schwindet nicht. Ach, wie bist du doch so blind Und im Denken unbedacht! Augen hast du, Menschenkind, Und hast doch noch nie betracht' Deiner Augen helles Glas: Siehe, welch ein Schatz ist das! Zähle deine Finger her Und der andern Glieder Zahl; Keins ist, das dir unwert wär, Ehrst und liebst sie allzumal; Keines gäbst du weg um Gold, Wann man dir's abnehmen wollt. Nun, so gehe in den Grund Deines Herzens, das dich lehrt, Wie viel Gutes alle Stund Dir von oben wird beschert. Du hast mehr als Sand am Meer Und willst doch noch immer mehr. Wüßte, der im Himmel lebt, Daß dir wäre nütz und gut, Wornach so begierlich strebt Dein verblendtes Fleisch und Blut, Würde seine Frömmigkeit Dich nicht lassen unerfreut. Gott ist deiner Liebe voll Und von ganzem Herzen treu; Wann du wünschest, prüft Er wohl, Wie dein Wunsch beschaffen sei: Ist dir's gut, so geht Er's ein, Ist's dein Schade, spricht Er: Nein. Unterdessen trägt sein Geist Dir in deines Herzens Haus Manna, das die Engel speist, Ziert und schmückt es herrlich aus, Ja erwählet, dir zum Heil, Dich zu seinem Gut und Teil. Ei, so richte dich empor, Du betrübtes Angesicht, Laß das Seufzen, nimm hervor Deines Glaubens Freudenlicht; Das behalt, wann dich die Nacht Deines Kummers traurig macht. Setze, als ein Himmelssohn, Deinem Willen Maß und Ziel; Rühre stets vor Gottes Thron Deines Dankens Saitenspiel, Weil dir schon gegeben ist Mehres, als du würdig bist. Führe deines Lebens Lauf Allzeit Gottes eingedenk. Wie es kömmt, nimm alles auf Als ein wohlbedacht Geschenk. Geht dir's widrig, laß es gehn, Gott und Himmel bleibt dir stehn.
Authorship:
- by Paul Gerhardt (1606 - 1676), "Nicht so traurig, nicht so sehr"
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]3. Die güldne Sonne  [sung text not yet checked]
Die güldne Sonne, voll Freud und Wonne Bringt unsern Grenzen mit ihrem Glänzen Ein herzerquickendes, liebliches Licht. Mein Haupt und Glieder, die lagen darnieder; Aber nun steh ich, bin munter und fröhlich, Schaue den Himmel mit meinem Gesicht. Mein Auge schauet, was Gott gebauet Zu seinen Ehren und uns zu lehren, Wie sein Vermögen sei mächtig und groß Und wo die Frommen dann sollen hinkommen, Wann sie mit Frieden von hinnen geschieden Aus dieser Erde vergänglichem Schoß. Laßet uns singen, dem Schöpfer bringen Güter und Gaben; was wir nur haben, Alles sei Gottes zum Opfer gesetzt! Die besten Güter sind unsre Gemüter; Lieder der Frommen, von Herzen gekommen, Sind Weihrauch, der ihn am meisten ergötzt. Abend und Morgen sind seine Sorgen; Segnen und mehren, unglück verwehren Sind seine Werke und Taten allein. Wann wir uns legen, so ist er zugegen; Wann wir aufstehen, so läßt er aufgehen Über uns seiner Barmherzigkeit Schein. Ich hab erhoben zu dir hoch droben All meine Sinnen; laß mein Beginnen Ohn allen Anstoß und glücklich ergehn. Laster und Schande, des Seelenfeinds Bande, Fallen und Tücke treib ferne zurücke; Laß mich auf deinen geboten bestehn. Laß mich mit Freuden ohn alles Neiden Sehen den Segen, den Du wirst legen In meines Bruders und Nächsten Haus. Geiziges Brennen, unchristliches Rennen Nach Gut mit Sünde, das tilge geschwinde Aus meinem Herzen und wirf es hinaus. Menschliches Wesen, was ist's? Gewesen! In einer Stunde geht es zu Grunde, Sobald die Lüfte des Todes dreinwehn. Alles in allen muß brechen und fallen; Himmel und Erden, die müßen das werden, Was sie gewesen vor ihrem Bestehn. Alles vergehet. Gott aber stehet Ohn alles Wanken; seine Gedanken, Sein Wort und Wille hat ewigen Grund. Sein Heil und Gnaden, die nehmen nicht Schaden, Heilen im Herzen die tödlichen Schmerzen, Halten uns zeitlich und ewig gesund. Gott, meine Krone, vergib und schone! Laß meine Schulden in Gnad' und Hulden Aus deinen Augen sein abgewandt. Sonst, Herr, regiere mich, lenke und führe, Wie dir's gefället; ich habe gestellet Alles in deine Beliebung und Hand. Willst du mir geben, womit mein Leben Ich kann ernähren, so laß mich hören Allzeit im Herzen dies heilige Wort: Gott ist das Größte, das Schönste und Beste; Gott ist das Süßte und Allergewißte, Aus allen Schätzen der edelste Hort. Willst Du mich kränken, mit Galle tränken, Und soll von Plagen ich auch was tragen, Wohlan, so mach es, wie dir es beliebt. Was gut und tüchtig, was schädlich und nichtig Meinem Gebeine, das weißt du alleine, Hast niemals einen zu bitter betrübt. Kreuz und Elende, das nimmt ein Ende; Nach Meeresbrausen und Windessausen Leuchtet der Sonne erwünschtes Gesicht. Freude die Fülle und selige Stille Darf ich erwarten im himmlischen Garten; Dahin sind meine gedanken gericht't.
Authorship:
- by Paul Gerhardt (1606 - 1676), "Die güldne Sonne, voll Freud und Wonne", from Pauli Gerhardi Geistliche Andachten, first published 1666
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]4. Fröhlich soll mein Herze springen  [sung text not yet checked]
Fröhlich soll mein Herze springen Dieser Zeit, Da vor Freud Alle Engel singen. Hört, hört, wie mit vollen Choren Alle Luft Laute ruft: Christus ist geboren. 2. Heute geht aus seiner Kammer Gottes Held, Der die Welt Reißt aus allem Jammer. Gott wird Mensch, dir Mensch zugute; Gottes Kind, Das verbind't Sich mit unserm Blute. 3. Sollt uns Gott nun können hassen, Der uns gibt, Was er liebt Über alle Maßen? Gott gibt, unserm Leid zu wehren, Seinen Sohn Aus dem Thron Seiner Macht und Ehren. 4. Sollte von uns sein gekehret, Der sein Reich Und zugleich Sich selbst uns verehret? Sollt uns Gottes Sohn nicht lieben Der jetzt kömmt, Von uns nimmt, Was uns will betrüben? 5. Hätte für der Menschen Orden Unser Heil Einen Greul, Wär er nicht Mensch worden; Hätt er Lust zu unserm Schaden, Ei, so würd Unsre Bürd Er nicht auf sich laden. 6. Er nimmt auf sich, was auf Erden Wir getan, Gibt sich an, Unser Lamm zu werden, Unser Lamm, das für uns stirbet Und bei Gott Für den Tod Gnad und Fried erwirbet. 7. Nun er liegt in seiner Krippen, Ruft zu sich Mich und dich, Spricht mit süßen Lippen: Lasset fahrn, o lieben Brüder, Was euch quält, Was euch fehlt; Ich bring alles wieder. 8. Ei, so kommt und laßt uns laufen; Stellt euch ein, Groß und klein, Eilt mit großen Haufen; Liebt den, der vor Liebe brennet, Schaut den Stern, Der euch gern Licht und Labsal gönnet. 9. Die ihr schwebt in großem Leiden, Sehet, hier Ist die Tür Zu der wahren Freuden. Faßt ihn wohl, er wird euch führen An den Ort, Da hinfort Euch kein Kreuz wird rühren. 10. Wer sich fühlt beschwert im Herzen, Wer empfind't Seine Sünd Und Gewissensschmerzen, Sei getrost, hier wird gefunden, Der in Eil Machet heil Die vergift'ten Wunden. 11. Die ihr arm seid und elende, Kommt herbei, Füllet frei Eures Glaubens Hände! Hier sind alle guten Gaben Und das Gold, Da ihr sollt Euer Herz mit laben. 12. Süßes Heil, laß dich umfangen, Laß mich dir, Meine Zier, Unverrückt anhangen. Du bist meines Lebens Leben; Nun kann ich Mich durch dich Wohl zufrieden geben. 13. Meine Schuld kann mich nicht drücken, Denn du hast Meine Last All auf deinem Rücken. Kein Fleck ist an mir zu finden, Ich bin gar Rein und klar Aller meiner Sünden. 14. Ich bin rein um deinetwillen, Du gibst gnug Ehr und Schmuck, Mich darein zu hüllen. Ich will dich ins Herze schließen; O mein Ruhm. Edle Blum, Laß dich recht genießen. 15. Ich will dich mit Fleiß bewahren, Ich will dir Leben hier, Dir will ich abfahren. Mit dir will ich endlich schweben Voller Freud, Ohne Zeit Dort im andern Leben.
Authorship:
- by Paul Gerhardt (1606 - 1676), "Fröhlich soll mein Herze springen", first published 1653
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]5. Ich steh an deiner Krippen hier  [sung text not yet checked]
Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben, ich komme, bring und schenke dir, was du mir hast gegeben. Nimm hin, es ist mein Geist und sinn, Herz, Seel' und Mut, nimm alles hin Und lass dir's wohlgefallen. Wo nehm' ich Weisheit und Verstand, mit Lobe zu erhöhen die Äuglein, die so unverwandt nach mir gerichtet stehen? Der volle Mond ist schön und klar, schön ist der güldnen Sternen Schar, dies Äuglein sind viel schöner! Eins aber, hoff' ich, wirst du mir, mein Heiland, nicht versagen, dass ich dich möge für und für in, bei und an mir tragen. So lass mich deine Wohnung sein, komm, komm und kehre bei mir ein mit allen deinen Freuden!
Authorship:
- by Paul Gerhardt (1606 - 1676)
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Researcher for this page: Bertram Kottmann6. Christwiegenlied  [sung text not yet checked]
Alle, die ihr, Gott zu ehren, Unsre Christ-Lust wollt vermehren, Eya, eya, Seht und hört vor allen Dingen Gottes Mutter fröhlich singen Bei dem Kripplein ihres Sohnes: Eya, eya, Schlaf und Ruhe, Schlaf, schlaf, liebes Jesulein! Schlaf, du großer Weltberater, Bräutigam, Sohn und selbst auch Vater, Eya, eya, [Bett und Lager, das dich träget, Hab' ich dir zu recht geleget, Schlaf', du schönstes Kindelein!]1 Eya, eya, Schlaf und Ruhe, Schlaf, schlaf, trautes Herzelein! Schlaf, mein Krönlein! Licht und Leben, Was dir lieb, will ich dir geben, Eya, eya, Schlaf, du Ausbund aller Gaben, Laß dich speisen, laß dich laben Bei der armen Krippen hier! Eya, eya, Schlaf und Ruhe, Schlaf, schlaf, du mein Ehr und Ruhm! Schlaf, o bestes aller Güter, Schlaf, o Perle der Gemüther, Eya, eya, Schlaf, mein Trost, dem nichts zu gleichen, Milch und Honig muß dir weichen, Schlaf, du edler Herzensgast! Eya, eya, Schlaf und Ruhe, Schlaf, schlaf, werte Lilienblum! Schlaf, o Kind, den Gott erkoren, Schlaf o Schatz, den ich geboren, Eya, eya, Schlaf, du frommer Seelen Weide, Schlaf, du frommer Herzen Freude, Schlaf, du meines Leibes Frucht! Eya, eya, Schlaf und Ruhe, Schlaf, schlaf, allersüßstes Lieb! Ich will dir dein Bettlein zieren, Ganz mit Blumen überführen, Eya, eya, Schlaf, du Lust, die wir erwählen, Schlaf, du Paradies der Seelen, Schlaf, du wahres Himmelsbrot! Eya, eya, Schlaf und Ruhe, Schlaf, schlaf, Heiland aller Welt!
Authorship:
- by Paul Gerhardt (1606 - 1676), "Alle, die ihr, Gott, zu ehren", written 1653, appears in Geistliche Andachten, in Am andern Christ-Tage
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View original text (without footnotes)Confirmed with Paul Gerhardt, Geistliche Andachten. Bestehen in CXX Liedern, ed. by Johann Georg Ebeling, Nürnberg: Christoff Riegel, 1683, pages 86 - 87. Appears in Am andern Christ-Tage
1 Ebeling: "Bett und Lager, das dich trägt,/ und hab ich dir zu recht gelegt,/ schlaf, du schönes Kindlein!"Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Melanie Trumbull
7. Kommt und laßt uns Christum ehren  [sung text not yet checked]
Kommt und laßt uns Christum ehren, Herz und Sinnen zu ihm kehren! Singet fröhlich, laßt euch hören, Wertes Volk der Christenheit! Sünd' und Hölle mag sich grämen, Tod und Teufel mag sich schämen. Wir, die unser Heil annehmen, Werfen allen Kummer hin. Sehet, was hat Gott gegeben! Seinen Sohn zum ew'gen Leben! Dieser kann und will uns heben Aus dem Leid in's Himmels Freud'. Seine Seel' ist uns gewogen, Lieb' und Gunst hat ihn gezogen, Uns, die Satanas betrogen, Zu besuchen aus der Höh'. Jakobs Stern ist aufgegangen, Stillt das sehnliche Verlangen, Bricht den Kopf der alten Schlange Und zerstört der Hölle Reich. Unser Kerker, da wir saßen Und mit Sorgen ohne Maßen Uns das Herze selbst abfraßen, Ist entzwei, und wir sind frei. O du hochgesegn'te Stunde, Da wir das von Herzensgrunde Glauben und mit unserm Munde Danken dir, o Jesulein! Schönstes Kindlein in dem Stalle, Sei uns freundlich, bring uns alle Dahin, wo mit süßem Schalle Dich der Engel Heer erhöht!
Authorship:
- by Paul Gerhardt (1606 - 1676), "Kommt und laßt uns Christum ehren"
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]8. Ich bin ein Gast auf Erden  [sung text not yet checked]
Ich bin ein Gast auf Erden und hab hier keinen Stand: Der Himmel soll mir werden, da ist mein Vaterland. Hier reis' ich aus und abe, dort in der ewgen Ruh ist Gottes Gnadengabe, die schleußt all Arbeit zu. Was ist mein ganzes Wesen von meiner Jugend an Denn Müh und Not gewesen? so lang ich denken kann Hab ich so manchen Morgen, so manche liebe Nacht mit Kummer und mit Sorgen des Herzens zugebracht. Mich hat auf meinen Wegen manch harter Sturm erschreckt; Blitz, Donner, Wind und Regen hat mir manch' Angst erweckt; Verfolgung, Haß und Neiden, ob ichs gleich nicht verschuldt, hab ich doch müßen leiden und tragen mit Geduld. So giengs den lieben Alten, an derer Fuß und Pfad Wir uns noch täglich halten wenns fehlt an gutem Rath: Wie mußte sich doch schmiegen der Vater Abraham, eh als ihm ein Vergnügen und rechte Wohnstatt kam? Wie manche schwere Bürde trug Isaac, sein Sohn? Und Jacob, dessen Würde stieg bis zum Himmelsthron, Wie mußte der sich plagen! in was für Weh und Schmerz, in was für Furcht und Zagen sank oft sein armes Herz! Die frommen heilgen Seelen, die giengen fort und fort Und änderten mit Quälen den erst bewohnten Ort; Sie zogen hin und wieder, ihr Kreuz war immer groß, bis daß der Tod sie nieder legt' in des Grabes Schoß. Ich habe mich ergeben in gleiches Glück und Leid: Was will ich beßer leben denn solche große Leut? Es muß ja durchgedrungen, es muß gelitten sein; wer nicht hat wol gerungen geht nicht zur Freud hinein. So will ich zwar nun treiben mein Leben durch die Welt, Doch denk ich nicht zu bleiben in diesem fremden Zelt. Ich wandre meine [Straßen]1, die zu der Heimat führt da mich ohn alle [Maßen]2, mein Vater trösten wird. Mein' Heimat ist dort oben da aller Engel Schar Den großen Herscher [sic] loben, der alles ganz und gar In seinen Händen träget und für und für erhält, auch alles hebt und leget nachdem 's ihm wolgefällt. Zu dem steht mein Verlangen, da wollt ich gerne hin: Die Welt bin ich durchgangen, daß ichs fast müde bin: Je länger ich hier walle, je wen'ger find ich Lust die meinem Geist gefalle, das meist ist Stank und Wust. Die Herberg ist zu böse, der Trübsal ist zu viel. Ach! komm, mein Gott, und löse mein Herz, wenn dein Herz will! Komm, mach ein seligs Ende an meiner Wanderschaft, und was mich kränkt, das wende durch deinen Arm und Kraft! Wo ich bisher geseßen ist nicht mein rechtes Haus. Wenn mein Ziel ausgemeßen, so tret ich dann hinaus, Und was ich hie gebrauchet das leg ich alles ab, und wenn ich ausgehauchet, so scharrt man mich ins Grab. Du aber, meine Freude, du meines Lebens Licht, Du zeucht mich, wenn ich scheide, hin vor dein Angesicht, Ins Haus der ewgen Wonne, da ich stets freudenvoll gleich als die helle Sonne nächst andern leuchten soll. Da will ich immer wohnen, und nicht nur als ein Gast, Bei denen die mit Kronen du ausgeschmücket hast. Da will ich herlich [sic] singen von deinem großen Thun und frei von schnöden Dingen in meinem Erbteil ruhn.
Authorship:
- by Paul Gerhardt (1606 - 1676), "Ich bin ein Gast auf Erden"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "I am a guest upon the earth", copyright © 2023, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Paulus Gerhardts geistliche Lieder getreu nach der bei seinein Lebzeiten erschienenen Ausgabe wiederabgedruckt, Sechste Auflage, Gütersloh: Druck und Verlag von C. Bertelsmann, 1874, page 430-434.
1 Lang: "Straße"2 Lang: "Maaße"
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor]
9. Gib dich zufrieden  [sung text not yet checked]
Gib dich zufrieden und sei stille In dem Gotte deines Lebens; In ihm ruht aller Freuden Fülle, Ohn ihn mühst du dich vergebens. Er ist dein Quell Und deine Sonne, Scheint täglich hell Zu deiner Wonne. Gib dich zufrieden! Er ist voll Lichtes, Trosts und Gnaden, Ungefärbten treuen Herzens; Wo er steht, tut dir keinen Schaden Auch die Pein des größten Schmerzens; Kreuz, Angst und Not Kann er bald wenden, Ja auch den Tod Hat er in Händen. Gib dich zufrieden! Wie dirs und andern oft ergehe, Ist ihm wahrlich nicht verborgen, Er sieht und kennet aus der Höhe Der betrübten Herzen Sorgen. Er zählt den Lauf Der heißen Tränen Und faßt zuhauf All unser Sehnen. Gib dich zufrieden! Wenn gar kein einzger mehr auf Erden, Dessen Treue darfst du trauen, Alsdann will er dein Treuster werden Und zu deinem Besten schauen. Er weiß dein Leid Und heimlich Grämen, Auch weiß er Zeit, Dich zu benehmen. Gib dich zufrieden! Er hört die Seufzer deiner Seelen Und des Herzens stilles Klagen, Und was du keinem darfst erzählen, Magst du Gott gar kühnlich sagen, Er ist nicht fern, Steht in der Mitten, Hört bald und gern Der Armen Bitten. Gib dich zufrieden! Laß dich dein Elend nicht bezwingen, Halt an Gott, so wirst du siegen; Ob alle Fluten einher gingen, Dennoch mußt du oben liegen. Denn wenn du wirst Zu hoch beschweret, Hat Gott, dein Fürst, Dich schon erhöret. Gib dich zufrieden! Was sorgst du für dein armes Leben, Wie dus halten wollst und nähren? Der dir das Leben hat gegeben, Wird auch Unterhalt bescheren. Er hat ein Hand Voll aller Gaben, Da See und Land Sich muß von laben. Gib dich zufrieden! Der allen Vöglein in den Wäldern Ihr bescheidnes Körnlein weiset, Der Schaf und Rinder in den Feldern Alle Tage tränkt und speiset, Der wird ja auch Dich eingen füllen Und deinen Bauch Zur Notdurft stillen. Gib dich zufrieden! Sprich nicht: Ich sehe keine Mittel; Wo ich such, ist nichts zum Besten; Denn das ist Gottes Ehrentitel: Helfen, wann die Not am größten. Wenn ich und du Ihn nicht mehr spüren, Da schickt er zu, Uns wohl zu führen. Gib dich zufrieden! Bleibt gleich die Hilf in etwas lange, Wird sie dennoch endlich kommen, Macht dir das Harren angst und bange, Glaube mir, es ist dein Frommen. Was langsam schleicht, Faßt man gewisser, Und was verzeucht, Ist desto süßer. Gib dich zufrieden! Nimm nicht zu Herzen, was die Rotten Deiner Feinde von dir dichten, Laß sie nur immer weidlich spotten, Gott wirds hören und recht richten. Ist Gott dein Freund Und deiner Sachen, Was kann dein Feind, Der Mensch, groß machen! Gib dich zufrieden! Hat er doch selbst auch wohl das Seine, Wenn ers sehen könnt und wollte. Wo ist ein Glück so klar und reine, Dem nicht etwas fehlen sollte? Wo ist ein Haus, Das könnte sagen: Ich weiß durchaus Von keinen Plagen? Gib dich zufrieden! Es kann und mag nicht anders werden, Alle Menschen müssen leiden; Was webt und lebet auf der Erden, Kann das Unglück nicht vermeiden. Des Kreuzes Stab Schlägt unsre Lenden Bis in das Grab: Da wird sichs enden. Gib dich zufrieden! Es ist ein Ruhetag vorhanden, Da uns unser Gott wird lösen, Er wird uns reißen aus den Banden Dieses Leibs und allem Bösen. Es wird einmal Der Tod herspringen Und aus der Qual Uns sämtlich bringen. Gib dich zufrieden! Er wird uns bringen zu den Scharen Der Erwählten und Getreuen, Die hier mit Frieden abgefahren, Sich auch nun im Frieden freuen, Da sie den Grund, Der nicht kann brechen, Den ewgen Mund Selbst hören sprechen: Gib dich zufrieden!
Authorship:
- by Paul Gerhardt (1606 - 1676), "Gib dich zufrieden"
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]10. Geh aus, mein Herz, und suche Freud  [sung text checked 1 time]
Geh aus, mein Herz, und suche Freud
In dieser lieben Sommerzeit
An deines Gottes Gaben;
Schau an der schönen Gärten Zier,
Und siehe, wie sie [mir und dir]1
Sich ausgeschmücket haben.
Die Bäume stehen voller Laub,
Das Erdreich decket seinen Staub
Mit einem grünen Kleide;
[Narzissus]2 und die Tulipan,
Die ziehen sich viel schöner an
Als Salomonis Seide.
Die Lerche schwingt sich in die Luft,
Das [Täublein]3 [fleugt]4 aus seiner Kluft
Und macht sich in die Wälder,
Die [hochbegabte]5 Nachtigall
Ergötzt und füllt mit ihrem Schall
Berg, Hügel, Tal und Felder.
Die Glucke führt ihr Völklein aus,
Der Storch baut und bewohnt sein Haus,
Das Schwälblein speist die Jungen,
Der schnelle Hirsch, das leichte Reh
Ist froh und kommt aus seiner Höh
Ins tiefe Gras gesprungen.
Die Bächlein rauschen in dem Sand
Und malen sich und ihren Rand
Mit schattenreichen Myrten;
Die Wiesen liegen hart dabei
Und klingen ganz vom Lustgeschrei
Der Schaf und ihrer Hirten.
Die unverdroßne Bienenschar
[Fliegt]4 hin und her, sucht hie und da
Ihr edle Honigspeise,
Des süßen Weinstocks starker Saft
Bringt täglich neue Stärk' und Kraft
In seinem schwachen Reise.
Der Weizen wächset mit Gewalt,
Darüber jauchzet jung und alt
Und rühmt die große Güte
Des, der so [überflüssig]6 labt
Und mit so manchem Gut begabt
Das menschliche Gemüte.
Ich selbsten kann und mag nicht ruhn,
Des großen Gottes großes Tun
Erweckt mir alle Sinnen:
Ich singe mit, wenn alles singt,
Und lasse was dem Höchsten klingt
Aus meinem Herzen rinnen.
[ ... ]
Authorship:
- by Paul Gerhardt (1606 - 1676), "Geh aus mein Herz und suche Freud"
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View original text (without footnotes)1 Bruch: "dir und mir"
2 Bruch: "Narcissen"; Mergner: "Narzissen"
3 Bruch: "Täbchen"
4 Pepping: "fleucht"
5 Bruch: "hochbelobte"
6 Pepping: "überfließend"
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Melanie Trumbull
11. Befiehl du deine Wege  [sung text not yet checked]
Befiehl du deine Wege Und was dein Herze kränkt Der allertreusten Pflege Des, der den Himmel lenkt: Der Wolken, Luft und Winden Gibt Wege, Lauf und Bahn, Der wird auch Wege finden, Da dein Fuß gehen kann. 2. Dem Herren mußt du trauen, Wenn dirs soll wohlergehn, Auf sein Werk mußt du schauen, Wenn dein Werk soll bestehn. Mit Sorgen und mit Grämen Und mit selbsteigner Pein Läßt Gott ihm gar nichts nehmen, Es muß erbeten sein. 3. Dein ewge Treu und Gnade, O Vater, weiß und sieht, Was gut sei oder schade Dem sterblichen Geblüt: Und was du dann erlesen, Das treibst du, starker Held, Und bringst zum Stand und Wesen, Was deinem Rat gefällt. 4. Weg hast du allerwegen, An Mitteln fehlt dirs nicht, Dein Tun ist lauter Segen, Dein Gang ist lauter Licht. Dein Werk kann niemand hindern, Dein Arbeit darf nicht ruhn, Wenn du, was deinen Kindern Ersprießlich ist, willst tun. 5. Und ob gleich alle Teufel Hier wollten widerstehn, So wird doch ohne Zweifel Gott nicht zurücke gehn: Was er [ihm]1 vorgenommen Und was er haben will, Das muß doch endlich kommen Zu seinem Zweck und Ziel. 6. Hoff, o du arme Seele, Hoff und sei unverzagt, Gott wird dich aus der Höhle. Da dich der Kummer [jagt]2, Mit großen Gnaden rücken; Erwarte nur der Zeit, So wirst du schon erblicken Die Sonn der schönsten Freud. 7. Auf, auf, gib deinem Schmerze Und Sorgen gute Nacht! Laß fahren, was [das]3 Herze Betrübt und traurig macht! Bist du doch nicht Regente, Der alles führen soll; Gott sitzt im Regimente Und führet alles wohl. 8. Ihn, ihn laß tun und walten, Er ist ein weiser Fürst Und wird sich so verhalten, Daß du dich wundern wirst, Wenn er, wie ihm gebühret, Mit wunderbarem Rat [Die Sach']4 hinausgeführet, Das dich bekümmert hat. 9. Er wird zwar eine Weile Mit seinem Trost verziehn Und tun an seinem Teile, Als hätt in seinem Sinn Er deiner sich begeben, Und solltst du für und für In Angst und Nöten schweben, [Fragt er doch]5 nichts nach dir. 10. Wirds aber sich befinden, Daß du ihm treu verbleibst, So wird er dich entbinden, da dus am wen'gsten gläubst; Er wird dein Herze lösen Von der so schweren Last, Die du zu keinem Bösen Bisher getragen hast. 11. Wohl dir, du Kind der Treue, Du hast und trägst davon Mit Ruhm und Dankgeschreie Den Sieg und Ehrenkron. Gott gibt dir selbst die Palmen In deine rechte Hand, Und du singst Freudenpsalmen Dem, der dein Leid gewandt. 12. Mach End, o Herr, mach Ende An aller unsrer Not! Stärk unsre Füß und Hände Und laß bis in den Tod Uns allzeit deiner Pflege Und Treu empfohlen sein, So gehen unsre Wege Gewiß zum Himmel ein.
Authorship:
- by Paul Gerhardt (1606 - 1676), "Befiehl dem Herrn deine Wege", appears in Geistliche Andachten
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Paul Gerhardt, Geistliche Andachten, Nürnberg: Christoff Riegel, 1683, pages 484 - 487
1 Bach, Mergner: "sich"2 Mergner: "plagt"
3 Mergner: "dein"
4 Mergner: "Das Werk"
5 Mergner: "Als frag' er"
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Bertram Kottmann , Melanie Trumbull
12. O Haupt voll Blut und Wunden  [sung text not yet checked]
O Haupt voll Blut und Wunden, Voll Schmerz und voller Hohn, O Haupt, zum Spott gebunden Mit einer Dornenkron', O Haupt, sonst schön gezieret Mit höchster Ehr' und Zier, Jetzt aber höchst [schimpfieret]1: Gegrüßet sei'st du mir! Du edles Angesichte, Davor sonst schrickt und scheut Das große Weltgewichte, Wie bist du so bespeit! Wie bist du so erbleichet! Wer hat dein Augenlicht, Dem sonst kein Licht nicht gleichet, So schändlich zugericht't? Die Farbe deiner Wangen, Der roten Lippen Pracht Ist hin und ganz vergangen; Des blaßen Todes Macht Hat alles hingenommen, Hat alles hingerafft, Und daher bist du kommen Von deines Leibes Kraft. Nun, was du, Herr, erduldet, Ist alles meine Last; Ich hab' es selbst verschuldet, Was du getragen hast. Schau her, hier steh' ich Armer, Der Zorn verdienet hat; Gib mir, o mein Erbarmer, Den Anblick deiner Gnad'! Erkenne mich, mein Hüter, Mein Hirte, nimm mich an! Von dir, Quell aller Güter, Ist mir viel Gut's getan. Dein Mund hat mich gelabet Mit Milch und süßer Kost; Dein Geist hat mich begabet Mit mancher Himmelslust. Ich will hier bei dir stehen, Verachte mich doch nicht! Von dir will ich nicht gehen, Wenn dir dein Herze bricht; Wenn dein Haupt wird erblaßen Im letzten Todesstoß, Alsdann will ich dich faßen In meinen Arm und Schoß. Es dient zu meinen Freuden Und kommt mir herzlich wohl, Wenn ich in deinem Leiden, Mein Heil, mich finden soll. Ach, möcht' ich, o mein Leben, An deinem Kreuze hier Mein Leben von mir geben, Wie wohl geschähe mir! Ich danke dir von Herzen, O Jesu, liebster Freund, Für deines Todes Schmerzen, Da du's so gut gemeint. Ach gib, daß ich mich halte Zu dir und deiner Treu' Und, wenn ich nun erkalte, In dir mein Ende sei! Wenn ich einmal soll scheiden, So scheide nicht von mir; Wenn ich den Tod soll leiden, So tritt du dann herfür; Wenn mir am allerbängsten Wird um das Herze sein, So reiß mich aus den Ängsten Kraft deiner Angst und Pein! Erscheine mir zum Schilde, Zum Trost in meinem Tod, Und laß mich sehn dein Bilde In deiner Kreuzesnot! Da will ich nach dir blicken, Da will ich glaubensvoll Dich fest an mein Herz drücken. Wer so stirbt, der stirbt wohl.
Authorship:
- by Paul Gerhardt (1606 - 1676), "O Haupt voll Blut und Wunden"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Michael P Rosewall) , "Station 6. Saint Veronica wipes Jesus' face", copyright © 2015, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "Station VI (Sainte Véronique)", copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
1 Liszt: "beschimpfet"
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]